Die Schule bekommt einen Namen

Der Grundstein für die Johann-Textor-Schule wird bereits 1924 mit dem Bau der neuen Stadtschule gelegt In dem Gebäude in der Schulstraße sind heute vor allem die Hauptschulklassen untergebracht. Nachdem der Stadt 1951 dann die Errichtung eines sechsklassigen Aufbauzuges genehmigt wird, werden dafür in den Jahren 1954/55 drei Pavillons errichtet - die Schule ist nun eine "Volksschule mit Mittelschulzug".
Zu verdanken hat sie dies vor allem dem damaligen Bürgermeister Willi Kröckel, der neue Industrien in Haiger ansiedeln will. "Und dafür war es wichtig, auch ein entsprechendes Bildungsangebot zu schaffen", erzählt Richard Schröder, der von 1958 bis 1982 Rektor der Textor-Schule war. Was fehlt sind allerdings Fach- und Verwaltungsräume. 1958 wird deshalb der erste Erweiterungsbau eingeweiht und die Schule bekommt ihren Namen. Der Vorschlag, Haigers berühmten Stadt- und Gerichtsschreiber Johann Textor als Namensgeber zu wählen, stammt übrigens von dem inzwischen verstorbenen Haigerer Heimatforscher Karl Löber.
Ende der 50er Jahre gehen auch Kinder aus dem benachbarten Siegerland in Haiger zur Schule: 113 Kinder aus 28 Gemeinden und 126 Mädchen und Jungen aus Haiger verzeichnet die Chronik für das Jahr 1958.
Ein Jahr später folgt die Einrichtung der ersten Sonderschulklasse mit 19 Kindern, 1965 wird das neunte Schuljahr im ehemaligen Dillkreis eingeführt. Im Jahre 1967 wird die Textor-Schule eine Mittelpunktschule und die Sonderschule wird selbständig. Ihr erster Leiter: Hans Weber.
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Weitreichende Veränderungen gibt es auch in den folgenden Jahren: 1969 wird nicht nur die Förderstufe eingeführt, sondern auch der neue A,B,C-Trakt (neben dem Samenhaus Schneider) eingeweiht. Untergebracht sind dort Werkräume, ein Filmraum, ein Sprachlabor und die Fachräume für Naturwissenschaften. Im gleichen Jahr kommen außerdem die neunten Schuljahre es oberen Dilltals, die fünften bis achten Klassen aus Steinbach und Haigerseelbach sowie das fünfte Schuljahr aus Langenaubach nach Haiger.
Zwei Jahre später wird schließlich die Grundschule selbständig und aus der Johann-Textor-Schule wird eine schulformbezogene Gesamtschule, auch additive oder kooperative Gesamtschule genannt. Damit ist klar, dass Haiger kein selbständiges Gymnasium bekommt. "Das ist der Haigerer Traum, den man nicht verwirklichen konnte", sagt Richard Schröder rückblickend. In dieser Zeit machte sich die 68er-Bewegung auch in Haiger bemerkbar. "Es war eine schwierige Zeit, aber damals haben die Schüler gelernt, sich gegenseitig zu achten", erzählt der ehemalige Rektor.
Genau wie der ehemalige Leiter des Realschulzweiges und heutige Förderkreis-Vorsitzende Rolf Monno glaubt auch Schröder, dass die Schule damals eine gute Vorarbeit für die spätere Gebietsreform im Jahr 1977 geleistet hat. Schließlich kamen damals erstmals Mädchen und Jungen aus den umliegenden Dörfern, die heute alle Haigerer Stadtteile sind, miteinander in Berührung.
Während die Schülerzahl im Laufe der 70er Jahre auf über 1800 ansteigt, bleibt eines der dringendsten Probleme weiter bestehen: die Raumnot. Diese endet erst 1984 mit der Einweihung des zweiten Erweiterungsbaus, des naturwissenschaftlichen Trakts. In dieser Zeit entsteht auch die Mediothek, die heute dank der Lehrer von 7.30 bis 15 Uhr geöffnet ist: Ein Teil der Pädagogen und auch ehemalige Kollegen zahlen monatlich einen Beitrag, um so zwei Betreuungskräfte finanzieren zu können.
Seit den 80er Jahren werden in Haiger die Ideen der Reformpädagogik umgesetzt. Zunächst rückt die Hauptschule in den Focus der pädagogischen Neugestaltung: Ziel ist die "attraktive Hauptschule". In den 90er Jahren wird die reformpädagogische Arbeit weiter entwickelt und schließlich in der gesamten Schule umgesetzt. Jahrgangsstufen werden eingerichtet, die eigene Lehrerzimmer und Gebäudetrakte bekommen. "Das selbständige Lernen ist heute noch eine der Stärken der Johann-Textor-Schule", findet Rolf Monno.
Die Haigerer Textor-Schule ist es auch, die den Grundstein für die Städtepartnerschaft mit Montville in Frankreich legt: 1980 gibt es den ersten Schüleraustausch mit dem Collège Noel. Die Freundschaft wird 1991 in Montville und 1992 in Haiger offiziell durch die Bürgermeister mit der Unterzeichnung einer Urkunde besiegelt.
Das jüngste "Kind" der Haigerer Gesamtschule ist die Ende 2006 eröffnete Mensa. Dort können die derzeit etwa 1130 Mädchen und Jungen montags bis donnerstags von 12.55 bis 13.40 Uhr "schlemmen".

(Haigerer Kurier, 29.03.2009. Text: Tanja Eckel)