Auf Einladung des Arbeitskreises "Sucht- und Gewaltprävention" der Johann-Textor-Schule informierte er in der Aula darüber, "was das Handy (leider) alles kann". Rund 60 Interessierte waren in die Aula der Haigerer Gesamtschule gekommen, um mehr über Handys und deren oft leidliche Funktionen zu erfahren. Denn besonders Erwachsene kämen mit der stetigen Weiterentwicklung von Handyfunktionen heutzutage nicht mehr mit, befand Graf. "Die Dinger können echt viel. Sie spielen Musik ab, man kann Filme darauf schauen, auch selbst kleine Filme drehen, Bilder machen, seinen Terminplaner bestücken und mit kleinen Nachrichten in Kontakt bleiben", umschrieb er die Möglichkeiten der multimedialen Geräte. Was für viele ältere Menschen noch ein wenig unverständlich klinge, sei für Kinder und Ju-gendliche mittlerweile alltäglich. "Wir sprechen schon von einer Handy-Jugend, denn 92 Prozent aller 12 bis 19-Jährigen besitzen ein Handy", berichtete der Sozialpädagoge. Vor zehn Jahren seien es lediglich acht Prozent gewesen.
Was früher als Kommunikationsmedium gedient habe, habe sich zu einem "Lifestyle-Objekt" entwickelt: "Ein Handy ist heute für viele Jugendliche ein modisches Accessoire, deshalb wird sich ihr Kind nicht mit irgendeinem Modell zufrieden geben.“ Darüber hinaus werde der Großteil der sozialen Kontakte über Handys abgewickelt, beliebteste Methode sei dabei die SMS (Short Massage Service). "Das hat viele Vorteile", sagte Graf. Eine SMS biete eine angemessene Distanz und ersetze die kleinen Zettelchen, mit denen man sich früher Nachrichten geschrieben habe. Auch sei die Kommunikation unkomplizierter, denn man müsse seinem Gesprächspartner nicht in die Augen schauen.
Auch die Film und Foto-Funktion im Mobiltelefon werde viel genutzt: "Jugendliche dokumentieren damit ihr ganzes Leben." Immer sei die Handy-Kamera griffbereit und daher könnten auch immer und überall kleine Filme entstehen. Die Folge seien oft Klo-Videos und Sprüche von Lehrern, die digital abgefilmt würden und sich einige Tage später beispielsweise auf einer Viodeoplattform im Internet wiederfinden würden. "Das ist für die Betroffenen dann nicht mehr lustig, denn es ist schwierig diese Videos wieder aus dem Internet zu bekommen." Im Extremfall, so der Redner, könnten auch Videos mit pornographischen oder gewalttätigen Inhalten entstehen, die für Betroffene sehr peinlich und entwürdigend seien. So genannte "Happy-Slapping"-Videos, in denen Jugendliche Angriffe auf Gleichaltrige filmen, seien auf den Schulhöfen beliebt und würden fleißig per Funkverbindung verteilt. "Dass sich die Kinder und Jugendliche damit strafbar machen, wissen sie gar nicht", sagte der Pädagoge. Ähnlich sei es bei Musik, die in komprimierter ("gerippter") Form tagtäglich die Endgeräte wechseln würde - damit werde das Urheberrecht verletzt. Thomas Graf appellierte jedoch an die anwesenden Eltern, bei dem Thema nicht über zu reagieren: "Durchsuchen sie nicht einfach so das Handy ihres Kindes nach verdächtigen Inhalten. Das ist ein Eingriff in die Privatsphäre. Reden sie darüber", riet er. Die Verantwortung liege bei den Eltern und diese müssten auch Grenzen setzen.
Die Handy-Problematik werde auch an der Textor-Schule thematisiert, wandte sich Schulleiter Gerald Lohwasser an die Eltern. An der Gesamtschule herrsche ein Nutzungsverbot, was nur in Einzelfällen aufgehoben werde. In nächster Zeit wolle man sich in den einzelnen Klassen mit dem Thema ausgiebig befassen. Grund dafür seien auch Vorfälle in Haiger: "Wir sind auch keine Insel der Glückseligen mehr", so Lohwasser.
(Haigerer Kurier , 01.11.2007, Text und Fotos: mg)