Haiger, 12.02.2014
Nur eine Handvoll Eltern fand sich am Montag zum Informationsabend, bei dem Kriminaloberkommissar Jörg Schonnann unter dem Motto "Gut informiert gemeinsame Sache machen über die Möglichkeiten der Suchtprävention in Schule und Elternhaus informierte, in der Textor-Schule ein. Schade - das brisante und topaktuelle Thema hätte sicher mehr Zuhörer verdient gehabt.
Meist, erklärte Schormann, spielten Drogen nur eine episodenhafte Rolle im Leben von jungen Menschen. Doch wenn sich, nach einer Zeit des Experimentierens und Ausprobierens, eine Gewöhnung einstelle und sich der Konsum zwanghaft wiederhole, um einen bestimmten psychischen oder physischen Zustand zu erlangen, sei die Sucht erreicht.
Dies, verdeutlichte der Kriminaloberkommissar der AGGAS (Regionale Kriminalinspektion zur Bekämpfung der Jugendkriminalität und Gewalt an Schulen), sei nicht nur ein Problem bei legalen oder illegalen Drogen, sondern auch bei bei der Internetnutzung mit seinen sozialen Netzwerken. Und: Abhängigkeit mache unfrei. Suchtmittel würden genauso benötigt, wie Essen und Trinken. Bei Verzicht würden Entzugserscheinungen auftreten.
Zu den legalen Drogen zählen Alkohol, Nikotin und Medikamente. Während es für Eltern und Lehrer noch recht einfach ist, deren Konsum zu erkennen, wird dies bei illegalen Drogen schwieriger. Gerade die Kräutermischungen, auch Legal Highs genannt, wirkten oft harmlos und ihre Verpackungen erinnerten an Kaugummipapier, Kondomverpackungen oder Teebeutelhüllen. Gerade diese Substanzen erwiesen sich als brandgefährlich, erklärte Schormann.
Die Zusammensetzung variiere ständig, um sie aus dem Bereich der Illegalität herauszuholen und sie in "Headshops" verkaufen zu dürfen. Die Wirkung hiervon sei etwa 20mal so stark wie beim Konsum von Cannabis. Ohnehin sei ein wesentlicher Unterschied von illegalen und legalen Drogen dies: "Alkohol beispielsweise ist berechenbar. Ich weiß in etwa, wie viel Promille ich intus habe und wie schnell sich der Alkohol im Blut abbaut."
Ganz anders bei Cannabis (aus Pflanzenteilen oder dem I larz des indischen Hanfs gewonnen). "Hier hat der Konsument oft Tage später noch "Flash Backs", die ihn im Auto oder bei der Arbeit treffen können." Das mache den Konsum so gefährlich und die Folgen unkalkulierbar, erklärte der Kriminaloberkommissar. Die Wirkung: Veränderung der Sinneswahrnehmung, geistige Abwesenheit, Konzentrationsmängel. Cannabis habe eine persönlichkeitsverändernde Wirkung, mache Jörg Schonnann. Und: "Nicht jeder, der Cannabis nimmt, steigt auf härtere Drogen um. Aber die meisten, die härtere Drogen nehmen, nutzten als Einstiegsdroge Cannabisprodukte", erläuterte der Referent. Auch der Mischkonsum von Alkohol, Ecstasy und Schlaftabletten sei verbreitet.
Der Konsum von Drogen sei meist mit einem einfachen Check festzustellen. Die Pupillen seien erweitert und reagierten auch verlangsamt auf Lichteinstrahlung. Alle Drogen seien zunächst zu medizinischen Zwecken verwendet worden. Amphetamine beispielsweise könnten eine regelrechte Euphorie auslösen. Sie würden vorwiegend als Partydrogen verwendet, da sie eine hemmungsabhauende und kontaktsteigernde Wirkung hätten. Ein großes Risiko sei die schnelle psychische Abhängigkeit. Die Konsumenten entwickelten auch Wahnvorstellungen, Psychosen und paranoide Zustände.
Heroin (aus dem Saft der Schlafmohnkapsel hergestellt) sei ebenfalls ursprünglich als Medikament verwendet worden. Heroin sei eine schmutzige Droge. Ihr werde bis zu 95 Prozent Streckmittel und Verunreinigungen (beispielsweise Rattengift) zugesetzt.
Kokain (ein weißes, kristallines Pulver aus den Blättern des südamerikanischen Kokastrauches, dem chemische Substanzen zugesetzt werden) spiele bei den Jugendlichen in der Region keine Rolle, da es schlichtweg zu teuer sei.
"Liquid Ecstasy" sei eher bekannt unter dem Namen "Ko-Tropfen". Es werde häufig für Straftaten im sexuellen Bereich eingesetzt. Und LSD sei ein wahres Teufelszeug: "Leute, die das nahmen, sprangen schon aus Fenstern von Hochhäusern, weil sie dachten, sie könnten fliegen." Es gebe so gut wie keine Fälle von LSD-Konsum in der Region, sagte der Referent.
Schormann ging auch auf den strafrechtlichen Aspekt ein. Es komme zu einer Strafanzeige, wenn ein junger Mensch Drogen mit sich führe egal in welchen Mengen. Ein Strafverfahren werde bei geringen Vergehen oder zugunsten einer Therapie manchmal eingestellt. Grundsätzlich erfolge jedoch eine Meldung an die Führerscheinstelle. Das bedeute für den jungen Menschen, dass er vor dem Erhalt seines Führerscheins mehrere Drogen-Screenings bestehen müsse.
Schulelternbeirat Hartmut Jäger fragte nach, mit welchen Repressalien ein junger Mensch rechnen müsse, der einen Drogenhandel an der eigenen Schule melde und welchen Schutz die Polizei biete. Sollte tatsächlich ein Zeuge bedroht werden, sei dies ein Haftgrund, erläuterte Schorman. Zwar werde die in der Regel außer Vollzug gesetzt, aber mit gewissen Auflagen verbunden. Das wirke, versicherte der Kriminaloberkommissar glaubhaft: "Wir sind hier schließlich nicht im organisierten Drogenhandel."
Anette Fritsch, Pädagogische Leiterin der Johann-Textor-Schule erklärte, es sei wichtig, sich weiter zu informieren, somit "auf der Höhe der Zeit" zu bleiben. Bei Anzeichen von Drogenkonsums eines Schülers sei es wichtig zu wissen, wie man im Gespräch argumentieren könne und an die Vernunft zu appellieren.
(Mit freundlicher Genehmigung des Haigerer Kuriers, Text und Foto: Ute Jung.)