Haiger, 11.07.2014
198 Schülerinnen und Schüler aus acht Klassen der Haigerer Johann-Textor-Schule, die ihre Schullaufbahn beendeten oder an einer weiterführenden Schule fortsetzen, wurden in der Stadthalle verabschiedet. Hübsch waren sie anzusehen: Die Mädels hatten sich richtig in Schale geschmissen, trugen hübsche Kleider mit Spitzen, Pailletten, Schleifen oder Blümchen verziert. Die Jungs hatten es leichter: Ein Hemd oder ein lässiges Sakko übergeworfen, die Haare gegelt und fertig waren sie.
"Wie wird es mit ihnen nun weitergehen?", fragten sich sicherlich manche Lehrer und Eltern erwartungs voll - und auch etwas ängstlich. Die Reden, die der kommissarische Schulleiter Matthias Deffner und Schulelternbeirat Hartmut Jäger hielten, zeigten vor allem eins: Es liegt zum großen Teil an den Abgängern selbst, was aus ihnen wird.
"Neues wagen" titulierte Deffner seine Ansprache. Seine Empfehlung an die Schüler: "Wer Neues wagen will, braucht Ziele." Diese schafften Orientierung auf einem Weg, der unbekannt sei. Allerdings müsse klar sein, dass die eigenen Ziele und nicht die von Eltern oder Freunden verfolgt würden. "Wer Neues wagt, braucht auch Werte", fuhr Deffner fort. Es gelte sich zu fragen, wo für das Leben lohne. Die viel fältigen Antworten der Medien, die Erfolg haben und Selbstverwirklichung propagierten, seien oft unzureichend. Durch das Leben tragen würde anderes, meinte der kommissarische Schulleiter.
"Ich möchte in Menschen investieren, mir privat und beruflich Zeit für andere nehmen." Das bedeute auch oft, die eigene Bequemlichkeit zu opfern. Populär sei auch dies nicht: "Wer Neues wagen will, braucht Ausdauer und Einsatzbereitschaft." Im Moment sei für die Schulabsolventen zwar Feiern angesagt, aber auf Dauer helfe Chillen nicht weiter. Ein positives Beispiel sei da die Deutsche Elf bei der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien: "Das Ziel ist das Gewinnen, da zählt nicht das eigene Ego, sondern es wird in den Dienst der Mannschaft gestellt."
Fehler gehörten im Leben dazu, sie hätten ein zu schlechtes Image, fuhr Deffner fort. Dabei seien sie für das Leben und Lernen wichtig. Der Redner schloss mit einem Zitat von Phil Knight, dem Gründer von "Nike": "Wenn wir keine Fehler machen, heißt das, dass wir nicht genug neue Dinge ausprobieren."
Auch Schulelternbeirat Hartmut Jaeger hatte gute Wünsche für die Schulabgänger parat. "Was macht glücklich?", fragte er. Bewegung, nicht nur körperlich, setze Glückshormone frei und Langeweile sei der Feind des Glücks. "Such dir eine Aufgabe", forderte er. Denn Glück sei meist nur ein Sammelbegriff für Tüchtigkeit, Klugheit, Fleiß und Ausdauer. Darüber hinaus würden gute Freundschaften glücklich machen. "Verhalte dich anderen gegenüber so, wie du willst, dass man sich dir gegenüber verhält", war seine Empfehlung an die Absolventen.
Die Ehrung der Besten der Schulzweige machten die Mädchen unter sich aus: Gleich zwei Schülerinnen hatten im Realschulzweig die Note 1,6 erreicht: Celine Heupel (10 R2) und Hanna Leonie Fritsch (10 R1). Von den 76 Realschülern hatten 74 den Mittleren Abschluss erreicht. Etwa ein Drittel von ihnen werde den Übergang in die Oberstufe wagen, ein zweites Drittel verfüge über einen Ausbildungsplatz. Viele hätten indes noch keine Aussichten auf einen Ausbildungsplatz, bedauerte Realschulzweigleiter Johannes Brombach.
Eine super Leistung legte To-Uyen Ngyuen (10 G2) hin: Sie schaffte einen grandiosen Notendurchschnitt von 1,1 im Gymnasialzweig. Die 84 Gymnasiasten, von denen 82 den Abschluss schafften, bekamen noch keine Zeugnisse. Bei ihnen sei die Schulzeit noch nicht beendet, erklärte die Leiterin des Gymnasialzweiges, Sabine Baum. Merle Nell (9 H2) schaffte den qualifizierten Hauptschulabschluss als Beste mit einem Notendurchschnitt von 2,3. Von den 38 Abgängern der Hauptschule hätten 20 einen qualifizierten und weitere 15 einen Hauptschulabschluss, erläuterte Robert Kroha, Leiter des Hauptschulzweiges.
Mario Schramm, neuer Bürgermeister von Haiger, berichtete in einem Grußwort von seiner eigenen Schulabschlussfeier. Die sei humorlos, trocken und nur wenig feierlich gewesen, erinnerte er sich. Doch verdiene ein solches Ereignis einen würdigen Rahmen. Er wünschte den Jugendlichen für den neuen Lebensab schnitt viel Freude und Kraft. "Denkt darüber nach, wie ihr eure Zukunft gestalten könnt, und seid dann mit Spaß dabei", empfahl er. Eine Ansprache für die Schülervertretung hielt Celine Heupel.
Die Verabschiedung der Schüler der Johann-Textor Schule fand erstmals in einem neuen und sehr gelungenen Format statt. Statt Präsentationen einer jeden Klasse standen musikalische Beiträge und Sketche der Theater-AG auf dem Programm. Die jungen Schauspieler hatten sich, unter der Leitung von Martina Langenbach, den kleinen Spleens und liebenswerten Eigenheiten ihrer Lehrer ange nommen. Da blieb kaum ein Auge trocken; Schüler und Lehrer amüsierten sich köstlich. Da wurden zur Erheiterung des Publikums etwa Gestik, Mimik, Gangart und Temperament der Pauker liebevoll auf die Schippe genommen.
Ein letztes Mal gab es bei einer Veranstaltung der Johann-Textor-Schule die hervorragenden Musiker Paulina Monno (Gitarre) und Silas Häuser (Klavier) zu hören. Auch der WP-Kurs der Klassen 10 R und 10 G sang seine Lieder "Gabriellas Song" und "Four-Chord Song" letztmalig. Ein Lebensabschnitt ist beendet - ein neuer wartet auf die jungen Menschen.
(Mit freundlicher Genehmigung des Haigerer Kuriers, Text und Fotos Ute Jung.)